Für eine gesunde Währungs- und Wirtschaftsunion in Europa!

Die Jungen Liberalen Bremen bekennen sich zur Europäischen Idee und setzen sich für das langfristige Fortbestehen und den Erfolg der Europäischen Gemeinschaft ein. Im Laufe der vergangenen Jahre war die Europäische Union und deren Mitgliedsstaaten einer Vielzahl von schwerwiegenden Herausforderungen ausgesetzt. Jedoch reagierte die Europäische Staatengemeinschaft auf die Herausforderungen und veränderte Umstände nicht durch problemlösende Reformen, sondern verschleppt bis heute eine Vielzahl an grundlegenden Problemen zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger, und schaden damit auch dem Europäischen Zusammenhalt. Die verfehlte Wirtschafts- und Finanzpolitik nimmt hierbei eine herausragende Rolle ein. Die zurückhaltende Wirtschaftsentwicklungen, verfestigte Wettbewerbsunterschiede, jahrelange Zinsausfälle und drastische Preissteigerungen schaden nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch dem Europäischen Zusammenhalt und der Akzeptanz der Europäischen Union.

Als überzeugte Europäer fordern die Jungen Liberalen Bremen eine Reformierung der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik zur zukunftsorientierten und vorausschauenden Problemlösung und treten für eine langfristig gesunde Europäische Union ein.

Verbindliche Festlegung der Inflationsziele

Während die Preisstabilität der vergangenen Jahre trotz der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, zu mindestens im Verbraucherpreisindex gewährleistet werden konnte, nimmt das Inflationsgeschehen seit Beginn 2021 ungebremst Fahrt auf. Bis April 2022 erreichten die Preissteigerung im harmonisierten Verbraucherpreisindex der Eurozone 7,5%, wobei keine Trendwende vermutet werden kann. Dabei ist es die wichtigste Verantwortung der Europäischen Zentralbanken ist die Preisstabilität des gemeinsamen Währungsraums zu gewährleisten. Artikel 127 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährt diesem Ziel unmissverständlichen Vorrang ein und gewährt die Verfolgung anderer wirtschaftspolitischer Ziele ausschließlich, sofern die Preisstabilität dem nicht entgegensteht. Für die Auslegung des Zielbegriffs der Preisstabilität wird der Europäischen Zentralbank ferner ein großzügiger Interpretationsspielraum gewährt, wobei die Europäische Zentralbank selbst ein Inflationsziel von etwa 2% als Grundlage legt. Die aktuelle Inflationsdynamik hat dieses Ziel bereits deutlich überschritten. Anstatt anderen Zentralbanken zu folgen, hält die Europäische Zentralbank jedoch weiterhin an der Politik des billigen Geldes fest und stellt Maßnahmen zur Bekämpfung zu hoher Inflation bestenfalls perspektivisch in Aussicht. Wie schon die jahrelange Niedrigzinspolitik, arbeitet die Europäische Zentralbank damit unmittelbar zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger, wobei nunmehr sogar das oberste Ziel der Währungshüter ignoriert wird. Durch die Handlungen der Europäische Zentralbank ist es evident, dass die Auslegung der Preisstabilität nicht länger durch die Europäische Zentralbank erfolgen darf. Die Jungen Liberalen Bremen fordern daher, dass das oberste Ziel der Preisstabilität direkt in dem Vertrag zur Arbeit der Europäischen Union eindeutig und interpretationsfrei verankert wird. Dabei sollen Zielwertkorridore der Preisentwicklung für unterschiedliche Zeithorizonte auf wissenschaftlicher Grundlage festgesetzt werden, sodass konjunkturellen und strukturellen Entwicklungen Rechnung getragen werden kann. Gleichzeitig muss das Mandat der Europäischen Zentralbank verbindlich an die Einhaltung der Preisentwicklung gebunden werden, sodass bei Über- oder Unterschreiten der Zielwertkorridore ausschließlich Maßnahmen veranlasst werden dürfen, welche auf die Einhaltung der Zielwertkorridore hinwirkt.

Bürger- und Stabilitäts-orientierte Geldpolitik

Aufbauend auf einer transparenteren und verbindlicheren Inflationsdefinition, ist es unerlässlich, dass die geldpolitischen Werkzeuge und Rahmenbedingungen des gemeinsamen Währungs- und Finanzsystems angepasst werden. Entsprechend ist die präzisere Inflationsdefinition durch eine engere Bindung der geldpolitischen Mandate zu binden. Dabei ist der Europäischen Zentralbank anhand der Zielwertkorridore die geldpolitische Einflussnahme insofern zu beschränken, als das sämtliche geldpolitischen Maßnahmen ausnahmslos so einzusetzen sind, dass sie zur (Wieder-)Einhaltung des Zielwertkorridors für die Inflationsentwicklung beitragen. Geldpolitische Maßnahmen, die eine dem Zielwertkorridors entgegengesetzte Wirkung entfalten, sind unzulässig

Durch die fahrlässige Überschuldung einzelner Mitgliedstaaten hat das Anlegervertrauen in die staatlichen Anleihen tiefgreifenden Schaden genommen. Auf diesen Vertrauensverlust hat die Europäische Zentralbank mit direkter und indirekter Staatsfinanzierung über die vergangenen Jahre reagiert. Faktisch stützen zahlreiche Anleihekaufprogramme der Europäischen Zentralbank seit der Staatsschuldenkrise die Staatsanleihen künstlich ab, auch wenn diese überwiegend über den Sekundärmarkt erworben werden. Diese indirekte Staatsfinanzierung begünstigt staatliche Überschuldung, verzerrt die Marktlage und widerspricht der, in den Europäischen Verträgen verankerten, politischen Neutralität der Geldpolitik. Die Staatsschulden-orientierte Geldpolitik ging insbesondere durch Niedrigzinsen über Jahre hinweg zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger, und ist durch die einhergehende Geldmengenerweiterung mitverantwortlich am aktuellen Inflationsgeschehen. Die Jungen Liberalen Bremen fordern daher, der Europäischen Zentralbank den Erwerb von Staatsanleihen grundsätzlich zu versagen, damit weder eine direkte noch eine indirekte Staatsfinanzierung auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger erfolgen kann. Die grundsätzliche Fähigkeit zur Leistung expansiver Geldpolitik der Europäischen Zentralbank wird davon nicht eingeschränkt, jedoch wird damit der politische Druck und Einflussnahme auf die Geldpolitik reduziert.

Zukunftssichere und Generationen-gerechte Staatsfinanzen

Die Staatsschuldenkrise zu Beginn der 2010er Jahre hat beinahe zum Kollaps des Euro-Systems geführt, wodurch die Europäische Union und der zwischenstaatliche Zusammenhalt mutmaßlich schwerwiegenden und langanhaltenden Schaden genommen hätte. Infolgedessen wurden Maßnahmen und Regularien getroffen, die eine erneute Überschuldung einzelner Staaten verhindern sollte. Im Laufe der vergangenen Jahre wurden diese Regulierungen bedauerlicherweise zunehmend aufgeweicht und umgangen. Deswegen fordern die Jungen Liberalen Bremen die Schuldenregeln der europäischen Staaten wieder angemessen zu verschärfen. Die Ausnahmeregeln der staatlichen Schuldenbremsen müssen insofern nachgebessert werden, als das ausschließlich unvorhersehbare Notsituationen eine temporäre Abweichung der Schuldenregeln rechtfertigen. Daneben muss die Europäische Union die sukzessive Schuldenreduktion besonders verschuldeter Staaten stärker forcieren. Eine Umschuldung oder schuldenbasierte Umverteilung zwischen den Mitgliedstaaten darf es nicht geben.

Im Rahmen der Covid-Pandemie wurden erstmalig Staatschulden in gemeinsamer Verantwortung der Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgenommen. Hierbei profitieren besonders hochverschuldete Staaten von einem niedrigeren Zinsniveau als sie selbst am Kapitalmarkt erzielen könnten, während fiskalpolitisch vernünftige Staaten ein höheres Zinsniveau akzeptieren müssen. Darüber hinaus entsteht somit eine kollektivistische Haftung für die gemeinsame Verschuldung. Die Jungen Liberalen Bremen kritisieren die gemeinschaftliche Aufnahme von Staatsschulden und fordern eine alsbaldige, außerordentliche Abwicklung in die regelmäßige, einzelverantwortliche Staatsverschuldung. Darüber hinaus lehnen wir jeden erneuten Versuch einer gemeinschaftlichen Verschuldung und kollektivistischer Haftungsverantwortung im Rahmen der zwischenstaatlichen Verträge kategorisch ab. Die Wirtschaftsgeschichte hat wiederholt bewiesen, dass eine Entfremdung zwischen Nutznießung und Haftung zu einer Kaskade unverantwortbarer Fiskalpolitik führt – Die Haftung und Kosten für Schuldverschreibungen müssen zwingend in Einheit mit der Kapitalaufnahme erfolgen.

Präventive Schaffung von Notfall- und Krisenmechanismen

Es gehört zur politischen Wirklichkeit, dass wirtschaftliche und finanzielle Schieflagen und Krisen auf jeder Ebene politischer Verantwortungen entstehen können. Dies ist Teil der unabdingbaren Natur des Wirtschafts- und Politiksystems, obgleich regelmäßig Verantwortungslosigkeit politischer Handlungen hauptverantwortlich für das Entstehen von Krisensituationen ist. Zur Bewältigung wirtschaftspolitischer Schieflagen und Krisen setzte die Europäische Union in er Vergangenheit jedoch vor allem auf fiskal- und geldpolitische Verschleppung zugrundeliegender Ursachen, um kurzfristige Symptombekämpfung zu betreiben. In Folge der reaktionären Tagespolitik, bleiben zugrundeliegende Probleme bestehen und verschärfen sich im Hintergrund scheinbar unbemerkt. Das langfristige Bestehen der Europäischen Gemeinschaft kann nur erfolgen, wenn Schieflagen und Krisen in ihren Ursachen bekämpft werden und die Europäische Gemeinschaft bereit ist diesem Umstand Rechnung zu tragen. Als überzeugte Europäer fordern die Jungen Liberalen Bremen eine gemeinschaftliche Politik, die Krisen in ihrem Kern bekämpft und dafür auch kurzfristig weniger vorteilhafte Maßnahmen anwendet, sofern damit langfristig eine gesundere Staatengemeinschaft gefördert wird.

Neben den bestehenden Hilfs- und Fördermechanismen für wirtschaftliche und finanzielle Schieflagen und Krisensituationen, muss die Europäische Union geregelte Verfahren schaffen, sollten die Situationen erneut schwerste Ausmaße annehmen. Es liegt im Kern einer vorausschauenden Europapolitik, auch auf die schlimmsten Krisensituationen vorbereitet zu sein und damit dem unregulierten Eintreten solcher Situationen präventiv entgegenzuwirken. Entsprechend fordern die Jungen Liberalen Bremen, dass die Europäische Union geregelte Verfahren zur Abwicklung des möglichen Austritts einzelner Staaten aus dem gemeinschaftlichen Währungs- und/oder Wirtschaftssystem schafft, sowie ein klares Verfahren zur Abwicklung einer Staatsinsolvenz in Folge von Überschuldung zu entwickeln. Sofern die Notwendigkeit oder der entschiedene Wille für einen entsprechenden Schritt eintreten sollte, ist es notwendig auf klar geregelte Verfahren zurückgreifen zu können, anstatt den spontanen Umständen und dem tagespolitischen Geschehen ausgesetzt zu sein. Nur so können in diesen Situationen eine zusätzliche Verschärfung der Lage vermieden werden. Damit die europäische Gemeinschaft langfristig erfolgreich sein kann, muss eine gesunde und zukunftsorientierte Entwicklung der Europäischen Union höchste Priorität haben.