Das 21. Jahrhundert für medizinische Rahmbedingungen

Geschlechtsspezifische medizinische Versorgung:

Es wird vermutet, dass das Alter und das Geschlecht Einfluss auf den Verlauf und die Behandlung von Krankheiten nehmen und trotzdem ist es wenig untersucht, inwiefern die Geschlechter einer unterschiedlichen medizinischen Versorgung bedürfen.

Bekannt ist, dass beispielsweise bei einem Herzinfarkt und bei der Osteoporose unterschiedliche Symptome bei unterschiedlichen Geschlechtern aufzeigen, was eine verspätete Diagnose und eine unspezifische Behandlung zur Folge hat. Die Jungen Liberalen Bremen fordern aus dem Grund eine Medizin, welche die beste Gesundheitsversorgung für das Individuum bietet.

Forschung und Lehre:

Aufgrund der fehlenden Untersuchungen der medizinischen Unterschiede fordern die Jungen Liberalen Bremen die Förderung von Geschlechterforschung in der Medizin an Universitätskliniken. Die Charité in Berlin ist bisher das einzige Uniklinikum in Deutschland, was die geschlechtsspezifischen medizinischen Bedürfnisse erforscht und lehrt. Die Forschung wird benötigt, um diese in die Lehrer der angehenden Mediziner einzubringen.

Zulassung von Medikamenten: 

Bei den Zulassungsstudien von Medikamenten sind die Testpersonen in der Regel jung und männlich. Das hat möglicherweise Auswirkung auf die Verträglichkeit, die Dosis und die Nebenwirkungen bei Frauen und älteren Menschen. Die Zulassungsstudien sind in drei Stufen aufgeteilt. In der dritten Stufe soll deshalb in den Bereichen, in denen geschlechtsspezifische Unterschiede bereits nachgewiesen sind, eine breitere Testung erforderlich sein.

Um nach der Zulassung weitere Ergebnisse erfassen zu können, fordern die Jungen Liberalen Bremen eine App zur Verfügung zu stellen, über die Patienten unter Nennung ihres Alters, Geschlechts, der Einnahme andere Medikamente und Vorerkrankungen Nebenwirkungen angeben können. Eine Registrierung kann über einen QR-Code auf dem ausgestellten Rezept erfolgen. Die Datensammlung dient der Unterstützung der medizinischen Forschung.

Endometriose:

Endometriose ist eine gynäkologische Erkrankung, bei der Zysten und Entzündungen auftreten und sich an Eierstöcken, Darm und Bauchfell ansiedeln können. 10-15 % aller Frauen entwickeln eine Endometriose und selbst konservative Schätzungen sprechen von jährlich 30.000 Neuerkrankungen in Deutschland. Sie ist verantwortlich für bis zu 60 % der ungewollten Kinderlosigkeit und die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung. Daher fordern die Jungen Liberalen Bremen vermehrte Aufklärung und Forschung sowie die finanzielle Unterstützung komplementär-medizinischer Therapien und AHB/Rehabilitationsmaßnahmen.

Geburtshilfe:

Berufsbezeichnung: 

Die Berufsbezeichnung der „Hebamme“ soll im offiziellen Sprachgebrauch wie im Gesetzestext und Stellenausschreibungen durch die Bezeichnung „Entbindungshelfer/in“ ersetzt werden, um „männliche Hebammen“ sichtbar zu machen und die Bezeichnung geschlechtsneutral für alle zu öffnen.

Ausbildung: 

Die Akademisierung der Entbindungshilfe im Rahmen eines dualen Studiengangs wird grundsätzlich begrüßt. In Anbetracht des Fachkräftemangels sollen die bereits bestehenden Ausbildungsplätze aber nicht schrittweise abgebaut werden. Viel eher soll jedenfalls ein Teil der Plätze für einen neuen Ausbildungsberuf der “Geburtspflegekraft” erhalten bleiben. Dieses Berufsbild soll Entbildungshelferinnen und -helfer bei ihrer Arbeit entlasten und insbesondere die nicht-medizinische Betreuung vor und nach der Geburt übernehmen. Selbstständige Berufstätige sollen diese Geburtspflegekräfte nicht ersetzen. Außerdem fordern die Jungen Liberalen Bremen eine gesetzliche Übergangsregel für altrechtlich qualifizierte Entbindungshelfer, um durch die Neustrukturierung keine weiteren Versorgungsengpässe entstehen zu lassen.

Fehl- und Totgeburten:

Die rechtliche Unterscheidung zwischen Fehl- und Totgeburten sind aufzuheben. Für Frauen, die nach der 12. Woche ihr Kind verloren haben, soll die Möglichkeit bestehen, die allgemeine Schutzfrist nach der Entbindung in Anspruch zu nehmen. Der Arbeitgeber darf die Frauen in dieser Zeit normalerweise nicht beschäftigen. Während der Schutzfrist haben die Frauen Anspruch auf Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss. Auf Wunsch der Frauen können sie bereits vor Ablauf der Schutzfrist wieder beschäftigt werden, wenn nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegenspricht. Sie können Ihre Erklärung jederzeit widerrufen.

Crash-Test Dummies: 

Der bislang überwiegend für Crashtests eingesetzte Dummy baut auf den 50-Prozent-Mann und stammt noch aus den 70er Jahren. In der mittleren Größe kommt er auf eine Körpergröße von 175 cm und ein Gewicht von 78 kg. Der größere 95-Prozent-Dummy misst 188 cm und wiegt 101 kg. Der durchschnittlich weibliche Körper, aber auch andere Gruppen wie Kinder, ältere Menschen oder große Männer, sind in Sicherheitstests zur Zulassung neuer Kfz-Typenmodelle daher unterrepräsentiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau bei einem Autounfall ernstlich verletzt wird, ist 47 % höher, dass sie stirbt 17 % höher als bei einem Mann. Ursache sind zwar nicht nur, aber jedenfalls auch, mangelnde Sicherheitstests vor der Zulassung neuer Kfz-Typenmodelle.

Die Verpflichtung, die Sicherheit des neuen Typenmodells sicherzustellen, liegt bereits jetzt in erster Linie bei den Automobilunternehmen. Durch die hohen Kosten für die Testung an verschiedenen Dummy-Modellen wird eine zusätzliche, virtuelle Testung durch eigene Programme oder durch das ab 2021 von Toyota zur Verfügung gestellte Open-Source-Programm „Total Human Model for Safety“ vorgeschlagen. Um hierbei einheitliche Standards sicherzustellen, soll das mathematische Verfahren für die Programme durch eine VDI-Richtlinie vorgegeben werden.

Der zweite Schritt der Testung wird derzeit durch Richtlinien der UNECE gesteuert. Diese sollen um virtuelle Testungen ergänzt werden. Dasselbe gilt bei den zusätzlichen Sterne-Tests der Euro NCAP-Standards. Da diese Bewertungen in den Verkaufsbroschüren der Autos auftauchen und die Hersteller diese Testung freiwillig absolvieren, sollen hier die Bewertungskriterien für den Insassenschutz so angepasst werden, dass eine 5-Sterne-Bewertung nur möglich ist, wenn die Crash-Test-Dummies die Käuferinnen und Käufer des Typenmodells jeweils realitätsnah repräsentiert haben.

Außerdem fordern die Jungen Liberalen Bremen die Ausweitung der Unfallstudien bezogen auf schwangere Personen, um die Ergebnisse in die Testungen einfließen zu lassen. Die Studienlage zu Unfällen mit Schwangeren ist aktuelle unzureichend.